„Nein“ sagen und dabei freundlich bleiben

Richtig „nein“ sagen im Job

Wenn ich in meinen Seminaren frage, was nach dem Seminar anders sein soll, dann höre ich häufig den Wunsch, in angemessener Form auch mal „nein“ sagen zu können. Das gilt besonders, wenn es um die Übernahme von Aufgaben geht oder wenn Kollegen häufig mit Fragen und Anliegen die eigene Arbeit unterbrechen. Häufig führt das dazu, dass man nicht dazu kommt, seine Aufgaben in Ruhe zu erledigen. Kennst du das?

Warum ist „nein“ sagen so schwierig?

Du kommst oft in die Situation, dass du dich von anderen ausgenutzt fühlst und die Balance von Geben und Nehmen nicht mehr stimmt. Du merkst, dass andere es immer wieder schaffen, dich zu etwas zu überreden, was du selbst eigentlich nicht tun willst. Trotzdem sagst du „ja“ und platzt innerlich vor Wut auf dich selbst. Du machst dir Vorwürfe, dass du dich schon wieder nicht durchgesetzt hast und dieses Gefühl stresst dich. Eine einfache Formulierung zu finden, die von anderen akzeptiert wird, reicht meist nicht aus.

Was hält uns davon ab, uns von anderen abzugrenzen?

  1. Wir möchten andere nicht verletzen. Wir befürchten, dass der Kollege sich als Mensch abgelehnt fühlt und sich von uns zurückzieht.
  2. Wir empfinden uns selbst als egoistisch. Wir wollen ein zugänglicher Mensch sein,der stets hilfsbereit ist. Eine Ablehnung empfinden wir als unfair.
  3. Wir brauchen auch mal die Hilfe von anderen. Deshalb wollen wir es uns nicht mit ihnen verscherzen.
  4. Wir fürchten negative Konsequenzen für unser berufliches Weiterkommen. Wir denken, ein „Nein“ wirkt wie „Ich schaffe es nicht, weil ich nicht kompetent genug bin“.
  5. Wir wollen bei allen beliebt sein. Ein „Nein“ könnte unserer Beliebtheit schaden. Die Kollegen sind sehr nett und schmeicheln uns. Es fällt uns schwer, einem sympathischen Menschen, der so viel von uns hält, vor den Kopf zu stoßen.
  6. Die Kollegen akzeptieren das „Nein“ nicht und machen uns Vorhaltungen. Wir scheuen diese Konfrontation oder fühlen uns rhetorisch unterlegen.
  7. Wir halten uns für unersetzbar. Keiner kann es so gut wie wir. Wenn die Aufgabe dann nicht richtig erledigt ist, fällt es auf uns zurück. Gegenseitige Erwartungen klären und Aufgabenstellung präzisieren

Oftmals muss es gar nicht so weit kommen, dass du ein klares „Nein“ aussprechen musst. Kläre erst die genauen Konditionen. Soll die Aufgabe tatsächlich sofort erledigt werden oder bleibt noch etwas Zeit? Was genau erwartet dein Ansprechpartner? Gehe auf deinen Kollegen zu und stelle Fragen. So wirkst du kompetent und führst das Gespräch auf Augenhöhe. Folgende Fragen helfen hierbei:

„Bis wann brauchst du das?“

„Was genau soll bis wann erledigt werden?“

„Wofür brauchst du das?“ (Vielleicht kannst du ja andere Lösungen anbieten)

„Welche Aufgabe kann ich dafür zurückstellen?

Proaktiv auf Kollegen zugehen Kündige an, dass du heute an einer wichtigen Aufgabe sitzt und ungestört arbeiten
möchtest. Biete für etwaige Fragen ein Zeitfenster an.

Signale vereinbaren

Vereinbare in deinem Team Signale, an denen jeder erkennen kann, ob du gerade ansprechbar bist oder ungestört deine Aufgabe erledigen möchtest. Verdeutliche, wann du angesprochen werden möchtest, z.B. durch Tür auf/zu oder ein Schild auf dem Schreibtisch.

Stimme und Körpersprache beachten

Wenn du „nein“ sagen willst, solltest du darauf achten, dass du es mit ruhiger Stimme und aufrechter Körperhaltung rüberbringst. Die non-verbalen Signale verraten deinem Gegenüber, ob du hinter dem stehst, was du sagst.

Sich selbst die Erlaubnis geben

Wir können von anderen keine Akzeptanz erwarten, wenn wir unsere Entscheidung selbst nicht akzeptieren. Gib dir also innerlich die Erlaubnis, dich abzugrenzen und auch mal etwas abzulehnen, was dir nicht gut tut. Mache dir klar, dass du trotzdem kollegial und hilfsbereit bist, auch wenn du nicht immer „ja“ sagst.

Übe im Alltag, Kleinigkeiten, die dich persönlich stören, zeitnah anzusprechen. Manche Menschen tun dies erst, wenn das Fass übergelaufen ist. Dann sind wir zu emotional und können die Dinge nicht mehr angemessen gegenüber anderen ausdrücken. So ist es auch mit dem „Nein“.

„Nein“, weil …

Gib eine kurze Begründung. Erkläre nicht zu viel, da es sonst wie eine Rechtfertigung wirkt. Ein „Nein“ wird eher akzeptiert, wenn du eine Alternative anbieten kannst, z.B. „Heute schaffe ich es nicht mehr. Bist du damit einverstanden, wenn ich die Aufgabe gleich morgen bearbeite?“

Gisela Hövermann