STRESS MIT KUNDEN

Der Kunde ist König – aber muss ich mir alles gefallen lassen?

Wer viel mit Kunden zu tun hat, kann ein Lied davon singen: Nicht alle Kunden benehmen sich respektvoll. Als Profi weißt du: Nimm es nicht persönlich. Ein unzufriedener Kunde, der schimpft, gibt mir die Möglichkeit, Fehler abzustellen. Einer, der nichts sagt, ist viel gefährlicher für das Unternehmen, weil er einfach irgendwann zur Konkurrenz wechselt, ohne dass ich erfahre, warum. Von den Kunden leben wir ja nun mal.

Nicht immer gelingt es uns, dabei die Ruhe zu bewahren. Erst recht, wenn uns die Zeit im Nacken sitzt und wir in den Gesprächen nicht vorankommen.

Laut einer Studie der Hochschule Darmstadt sind Kunden in vielen Branchen aggressiver geworden. Das zeigt sich sowohl im persönlichen als auch im telefonischen Kontakt.

Für das Unternehmen ist es wichtig, dass die Mitarbeiter aggressives Verhalten beim Kunden abfangen und deeskalieren können. Gleichzeitig steigt dadurch auch die eigene Arbeitszufriedenheit. Ungünstiges Verhalten hingegen kann zur Verschlechterung der Kundenzufriedenheit und damit zum Imageverlust des Unternehmens führen. Dies hat wiederum Auswirkungen auf die eigene Motivation. Deeskalierende Gesprächsführung sowie ein gutes Stressmanagement sind daher wichtig, damit du gut mit den täglichen Anforderungen im Kundenkontakt klarkommst.

Freundlich bleiben und innerlich kochen – auf Dauer anstrengend

Die emotionalen Anforderungen, die wir im Kundengespräch zu leisten haben, werden oft unterschätzt: Man erwartet von uns, dass wir immer freundlich sind und auf jeden Kunden so individuell wie möglich eingehen. Wir sollen die Bedürfnisse des Kunden richtig einschätzen und Verständnis für sie aufbringen, selbst wenn ein Kunde seinen Ärger an uns ablässt oder uns von oben herab behandelt. Wenn sich diese Situationen häufen, ist es auf Dauer sehr anstrengend. Wir müssen die eigenen Gefühle ständig unterdrücken: Nach außen hin freundlich bleiben und innerlich kochen.

Langfristig kann dies zu emotionaler Erschöpfung und psychosomatischen Beschwerden führen: Du fühlst dich innerlich ausgelaugt und schlapp und hast das Gefühl, deine Arbeit nicht richtig zu schaffen. Du fährst schnell aus der Haut und kannst nachts schlecht schlafen. Du bist häufiger erkältet oder hast körperliche Beschwerden wie z.B. Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Magen- oder Darmprobleme.

Um dich davor zu schützen, ist es hilfreich, ein paar gute Anti-Stress-Strategien in den Arbeitsalltag einzubauen. Sie unterstützen dich dabei, nach einem anstrengenden Gespräch wieder den Kopf frei zu bekommen und deinen Stress, der sich auch für dich unmerklich in deiner Stimme und Ausdrucksweise äußern kann, nicht auf das nächste Kundengespräch zu übertragen. Gleichwohl hilft es dir, im Feierabend besser abzuschalten und den Frust aus Kundengesprächen nicht nach Hause mitzunehmen.

Anti-Stress-Strategien im Kundenservice

Kleine Auszeiten nehmen

Reden hilft

Geteiltes Leid ist halbes Leid. Ein kollegialer Austausch hilft, den eigenen Frust raus zulassen und dir Erleichterung zu verschaffen. Du stehst mit dem Problem nicht alleine da und erfährst, wie andere damit umgehen. Auch von der Seele schreiben hilft. Die negativen Gedanken sind raus und geistern nicht mehr so im Kopf herum.

Kleine Auszeiten nehmen

Kleine Pausen und der Gang in die Teeküche oder zur Toilette können dir helfen, etwas Abstand zu gewinnen, wenn ein Gespräch mit einem Kunden besonders belastend war. Vielleicht hast du die Möglichkeit, einmal das Fenster aufzureißen, dich zu recken und strecken und dabei tief durchzuatmen.

In der Mittagspause rausgehen

Wichtig ist es, in der Mittagspause den Raum zu verlassen und nicht am Arbeitsplatz zu verbringen. Wir gewinnen so Abstand zum Stresserleben – erst recht, wenn wir uns dabei richtig bewegen und frische Luft tanken können.

Wasser trinken

So kannst du dich besser konzentrieren. Bewusst einen Schluck Wasser zu trinken hilft dir, wieder runterzukommen. Oft vergessen wir, genug zu trinken und fühlen uns hinterher schlapp und ausgelaugt.

Abreagieren

Wenn Wut und Ärger hochkommen, hilft auch ein Knautschball oder ein Punchingball zum Abreagieren. Oder du hältst auf dem Rückweg nach Hause im Wald an und schreist einmal ganz laut. Auch Holzhacken ist eine gute Möglichkeit, die Stressenergie abzuleiten.

Muskeln kurz anspannen und loslassen

Durch Anspannung verschiedener Muskeln für ein paar Sekunden und anschließendes loslassen entspannst du verschiedene Muskelpartien:

Stell dich vor den Spiegel und ziehe eine Grimasse. Atme mit lauten Geräuschen durch den Mund aus und lasse deine Lippen vibrieren: Brrrrhhh (wie ein Pferd).
Balle deine Hände zu Fäusten und halte die Spannung für ein paar Sekunden an. Lass dann los.
Strecken und gähnen

Dadurch entspannst du viele Muskeln, die für das Sprechen wichtig sind. Die Atmung normalisiert sich und deine Stimme wird ausgeglichener. Gleichzeitig bildest du Tränenflüssigkeit, was deinen Augen guttut. Vor allem, wenn du viel Zeit am PC vor dem Monitor verbringst.

Positive Erlebnisse bewusst planen

Dabei sind es nicht unbedingt die großen Ereignisse, sondern die kleinen Dinge, die dich zufrieden machen: Bewusst etwas Schönes kochen, einem Hobby nachgehen, einen guten Freund treffen, Musik hören, im Garten arbeiten, spazieren gehen etc.. Nimm dir morgens schon drei Momente vor, über die du dich am Tag freust. Unser Unbewusstes sorgt dafür, dass diese positiven Erlebnisse auch passieren.

Bewegung, Bewegung, Bewegung

Stresshormone sind dazu da, uns in Kampf- oder Fluchtbereitschaft zu setzen. Das hat über viele Jahrtausende das Überleben unserer Vorfahren gesichert. Diese Impulse entstehen immer noch in unserem Körper – jedes Mal, wenn wir unter Druck stehen. Durch Bewegung bauen wir diese Hormone in unserem Körper am besten ab. Einmal um den Block gehen oder die Treppen rauf- und runterlaufen hilft schon mal zwischendurch. Regelmäßiger Sport hilft dir, sowohl den akuten Stress abzubauen als auch deine allgemeine Belastbarkeit zu stärken.

Gesprächsführung mit aufgebrachten Kunden: Wie komme ich am besten ans Ziel?

Innere Ruhe bewahren, ausreden lassen und zuhören

„Warum will er nicht verstehen, was ich ihm sage? Spreche ich chinesisch?“ „Wie kann ich das Gespräch abkürzen?“ „Wie kann ich ein Gespräch beenden, wenn ich merke, dass wir uns nur noch im Kreis drehen?“ „Wie verhalte ich mich, wenn der Kunde mich persönlich angreift? Muss ich mir alles gefallen lassen?“ Das sind häufig gestellte Fragen in meinen Seminaren.

Innere Ruhe bewahren, ausreden lassen und zuhören

Wenn Kunden aufgebracht sind, stehen sie unter Dampf. In dieser Situation sind sie nicht in der Lage, zuzuhören. Ihr Bedürfnis ist, Dampf abzulassen und ernst genommen zu werden. Wenn ich den Kunden in diesem Zustand unterbreche oder zurechtweise, regt er sich nur noch mehr auf und greift zu härteren Bandagen. Das Gespräch führt zu einem Schlagabtausch und einem Kampf: Wer hat Recht.

Beruhige dich innerlich und überlege nicht schon die ganze Zeit, welche Argumente du dem Kunden entgegensetzen kannst. Dafür ist er in dieser emotionalen Anfangsphase noch nicht zugänglich. Schalte stattdessen lieber um auf „Zuhören“. Zeige dem Kunden durch deine aufrechte und zugewandte Körperhaltung, dass du ganz bei ihm bist. Tu dies auch, wenn du telefonierst, denn deine Körperhaltung überträgt sich auf deine Stimme und die klingt souveräner, wenn du aufrecht sitzt oder sogar beim Telefonieren aufstehst. Steige nicht gleich auf kleine Frötzeleien ein und gebe dem Kunden einfach nur Raum, seinen Dampf abzulassen.

Vermeide Aussagen wie: „Sie müssen …“, „Das müssen Sie doch einsehen…“, „Da sind Sie selbst schuld!“, „Lassen Sie mich ausreden“, „Das ist falsch, was Sie da sagen“, „Sie lügen“. Die reizen den Gesprächspartner nur unnötig und führen nicht zum Ziel.

Mache dir Notizen

Du zeigst auf diese Weise, dass du den Kunden ernst nimmst. Uns selbst hilft es auch, um uns auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Zeige Verständnis für den Kunden

Fasse noch einmal zusammen, was dir der Kunde an wichtigen Informationen gegeben hat: „Ich kann Ihren Ärger verstehen. Wenn Sie richtig verstanden habe, …“

Auf diese Weise merkt der Kunde, dass es sich hier nicht nur um eine Floskel handelt, sondern dass du auch wirklich zugehört hast.

Sage, dass du dich kümmerst

Sehr oft fangen wir in dieser Situation an, uns zu rechtfertigen und zu sagen, was alles nicht geht. Kündige an, was du zu tun gedenkst und wann der Kunde mit einer Lösung rechnen kann. Sage ihm, dass dir sein Anliegen wichtig ist und beziehen ihn gegebenenfalls in den Lösungsprozess mit ein: „Wie stellen Sie sich eine Lösung vor?“

Was, wenn das alles nicht hilft und der Kunde weiter aggressiv bleibt?

Natürlich musst du dir nicht alles bieten lassen. Wenn dich ein Kunde beleidigt, kannst du ihn auch mit einer ruhigen und festen Stimme auffordern:

„Herr/Frau… ich will Ihnen gern weiterhelfen und ich bitte um Sachlichkeit!“

„Herr/Frau … Sie haben mich persönlich beleidigt. Ich bitte Sie um Sachlichkeit, ansonsten schlage ich vor, das Gespräch zu beenden!“

Gisela Hövermann